Vor zehn Jahren letzter Güterzug Güterverkehr auf der Schiene kämpft mit
schwierigen Rahmenbedingungen
[23.12.2004] Vor etwas mehr als zehn Jahren, am 26. September 1994,
rollte der letzte Güterzug durch das Schnaittachtal. Gegen den
Willen der Industrie stellte die Deutsche Bahn AG den Güterverkehr
in Simmelsdorf, Schnaittach und Rollhofen ein. Der Güterverkehr auf
der Schiene kämpft mit schwierigen Rahmenbedingungen an denen auch
die Lkw-Maut ab 1. Januar 2005 nur begrenzt etwas ändern wird.
Transportiert wurden hauptsächlich Tonprodukte, Propangas, Kohle,
Getreide, Zuckerrüben, Streusalz, Kalk und Schnittholz. Häufig
zog die 1100 PS-Lok allerdings nur einen einzigen Wagen. Dass das
Angebot kaum genutzt wurde, wundert allerdings kaum: Die Rangierlok
bediente die Strecke zuletzt nur noch zweimal pro Woche nach einem sehr
schlechtem Fahrplan. Morgens wurden die Wagen in Simmelsdorf,
Schnaittach und Rollhofen eingesammelt, nach Hersbruck gefahren und
dort abgestellt. Erst abends ging es weiter von Hersbruck nach
Nürnberg, was sehr lange Transportzeiten zur Folge hatte.
Eine
Diesellok beim Rangieren eines Güterzugs in Simmelsdorf Anfang der
90er Jahre.
Entgegen dem Willen der letzten verbliebenen Kunden stellte die Bahn
den Güterverkehr im Schnaittachtal im September 1994 ganz ein. Das
Tonwerk in Rollhofen musste sogar auf eigene Kosten den Gleisanschluss
abbauen. Da die Verlader damals noch keine Alternative zur ehemaligen
Bundesbahn mit ihren unflexiblen Fahrplänen und langen
Transportzeiten hatten, stiegen die Unternehmen zwangsweise auf die
Straße um.
Konkurrenz
belebt das Geschäft
Inzwischen sind die Verlader nicht mehr auf die Deutsche Bahn AG
angewiesen, wenn sie ihre Güter auf der Schiene transportieren
möchten. Seit der Liberalisierung des Schienennetzes dürfen
auch private Eisenbahnunternehmen das DB-Netz nutzen. Ein Beispiel
für ein solches privates Güterzugnetzwerk ist der „Ecco Cargo“
der von Nürnberg aus mehrmals wöchentlich Verbindungen
Richtung Nordrhein-Westfalen, Nordseehäfen und Österreich
bietet.
Schwierige
Rahmenbedingungen
Dennoch kommt der Güterverkehr auf der Schiene aus drei
Gründen nicht richtig in Fahrt. Erstens darf der Lkw die
Straßen weitgehend kostenlos benutzen, während sich ein
Güterzug pro Zugkilometer mit etwa 2,30 Euro an der Finanzierung
des Schienennetzes beteiligen muss. Die geplante Lkw-Maut wird diese
Wettbewerbsverzerrung nur teilweise lösen, da sie lediglich auf
Autobahnen gilt. Alle anderen Straßen dürfen Lkws weiterhin
gratis benutzen. Zweitens sind viele Logistikkonzepte der Unternehmen
nicht mehr auf den Bahntransport zugeschnitten: Während früher
auf Lager produziert und die Ware in langen Zügen abtransportiert
wurde, verzichten immer mehr Firmen auf die teure Lagerhaltung
zugunsten von „just-in-time“-Verkehren. Drittens hat die Deutsche Bahn
AG inzwischen viele ehemalige Gütergleise abgebaut oder
stillgelegt.
Rückbau
auch im Schnaittachtal
In Rollhofen und Schnaittach wurden die Gütergleise kurz nach
Einstellung des Güterverkehrs abgebaut. In Simmelsdorf hatte die
Deutsche Bahn AG bereits mit der Demontage begonnen, der Abtransport der
Gleise konnte jedoch auf unsere Initiative noch rechtzeitig verhindert
werden. Einer der größten Fehler der Bahnreform war
sicherlich, dass das Schienennetz einer Aktiengesellschaft
übertragen wurde, die nicht im Sinne der Daseinsvorsorge sondern im
Interesse der Rendite ihrer zukünftigen Aktionäre handelt.
Dennoch hält es die Interessengemeinschaft Schnaittachtalbahn
für möglich, dass auf absehbare Zeit doch wieder
Güterzüge die Bahnlinie Neunkirchen am Sand – Simmelsdorf
befahren, denn größere Firmen sind im Schnaittachtal
vorhanden. „Voraussetzung ist, dass kein weiterer Rückbau der
Gleisanlagen erfolgt und faire Wettbewerbsbedingungen zwischen
Straße und Schiene hergestellt werden,“ erklärt Dominik
Sommerer, Vorsitzender der Interessengemeinschaft Schnaittachtalbahn.